450 Jahre Schützengilde Luckau

von Veronika und Axel Schmidt

Am 28. Juni 1990 gründete sich in der Gaststätte „Lindeneck“ die Schützengilde Luckau 1990. e.V. Ein Sport- und Traditionsverein, der 2019 zwar erst 29 Jahre besteht, doch auf eine 450jährige Geschichte zurückblicken kann.

Im frühen Mittelalter, als die Bevölkerung deutlich zu wachsen begann, entwickelten sich mit dem Handwerk und Handel auch Städte. Doch das Mittelalter war keineswegs ruhig und friedlich, es war eine Zeit der Kreuzzüge und kriegerischen Auseinandersetzungen.

Die damalige Ritterschaft sicherte mit ihren Burgen zwar sich selbst und die für ihre Versorgung zuständigen ländlichen Gebiete, doch die Bevölkerung in den Städten musste aus eigener Kraft für ihre Sicherheit sorgen. Die errichteten Stadtmauern boten zwar den Menschen eine gewisse Geborgenheit, doch keine ausreichende Sicherheit vor bewaffneten Übergriffen auf die Stadt.
So übernahmen in vielen Städten Kaufmannsgilden und Handwerkerzünfte einzelne Verteidigungsabschnitte der Stadtmauer. Der Schutz der Stadt und die Abwehr von Angriffen wurden zu einer Bürgerpflicht. Die Waffen dafür lagerten meist im städtischen Zeughaus und unterlagen der Kontrolle durch den Stadtrat. Um den Umgang mit den Waffen - erst mit dem Bogen, später mit der Armbrust und den Feuerwaffen - zu üben, fanden regelmäßige Treffen statt. So entstanden die ersten Schützengilden.
Allerdings kümmerten sich die Schützengilden nicht nur um den Schutz ihrer Heimatstädte, sondern schufen auch Statuten, um ein soziales Miteinander und das gemeinsame Überleben zu gewährleisten. (nach https://schuetzenwesen.eu/die-entstehung-der-schützengilden.html)

Aus der Zeit des späten Mittelalters datieren die erste Urkunden der Luckauer Gilde, das Steuerprivilegium vom 10. September 1569, die Schützenordnung vom 28. Juni 1660 und das Stammbuch
der Gilde vom 29. Mai 1664. (Chronik der Schützengilde in Luckau von R. Scharnweber, Berlin, Verlag Max Natusch, Luckau N.-L)

Obwohl es bereits schriftliche Erwähnungen vor dieser Zeit gab, so ist im Stadtregister von 1517 ein „Schußmeister“ erwähnt und im Stadtbuch von 1520/21 vom „Schützengarten und Vogelschießen“ die Rede, wird das Datum der Verleihung der Steuerfreiheit des Schützenkönigs von 1569 als Gründungsdatum angenommen.

Steuerprivilegium vom 10. September 1569
Steuerprivilegium vom 10. September 1569

Über die Zeit entwickelten sich Regeln, Ordnungen und Verfahrensweisen. So gab es jährliche Schützenfeste mit sich ändernden Schießordnungen. Es gibt z.B. Nachweise für die Einführung eines ´Kännchenschießens´ und eines ´Silberschießens´, eine hölzerne Schützenscheibe zeugt von einem ´Augustschießen´.

Vor dem II. Weltkrieg bestand die Luckauer Schützengilde aus 4 Kompanien. (Chronik der Schützengilde in Luckau von R. Scharnweber, Berlin, Verlag Max Natusch, Luckau N.-L)

Der 1793 gegründeten Grenadierkompanie, der Gardekompanie mit dem Gründungsdatum 1794 und der im selben Jahr gegründeten Stammkompanie, in die Schützen mit einem Lebensalter von 50 bzw. 55 Jahren wechseln konnten. In diese Kompanie wurden auch Mitglieder aufgenommen, die Beamte waren und keine Uniform trugen. Erst am 22. März 1826 wurde die Vierte, die sogenannte Jägerkompanie ins Leben gerufen.
Das Originaldokument zur Gründung der Jägerkompanie lagerte Jahrzehnte auf einem Luckauer Dachboden und wurde im Jahr 2002 dem heutigen Verein übergeben.

Die Schützenfeste fanden zur damaligen Zeit im Schützenhaus und in den davor errichteten Gebäuden - den sogenannten „Schützenzelten“ - statt. Standort des Schützendomizils war der heutige Luckauer Busplatz.

Schützenkönig Leonard mit Vertretern anderer Kompanien vor dem Schützenzelt der Grenadierkompanie im Jahr 1939
Schützenkönig Leonard mit Vertretern anderer Kompanien vor dem „Schützenzelt“ der Grenadierkompanie im Jahr 1939

Die letzte bekannte, größere Festivität der alten Schützengilde sollte die 350jährige Jubelfeier im Jahr 1919 sein. Doch der I. Weltkrieg hatte seine Spuren hinterlassen, weshalb vorerst auf Feierlichkeiten verzichtet werden musste.
Im Jahr 1922 gründete sich dann der Niederlausitzer Schützenbund neu und beschloss, im Jahr 1924 eine Gründungsfeier verbunden mit dem 1. Bundesschießen in der Stadt Luckau auszurichten. Daraus erwuchs der Vorschlag, die 350jährige Jubelfeier der Schützengilde Luckau nachzuholen und gemeinsam mit der Gründungsfeier des Niederlausitzer Schützenbundes zu begehen. (Festschrift zur 350-jährige Jubelfeier der Schützengilde in Luckau N.-L, 1924)
Das erklärt auch, weshalb auf den noch erhaltenen Gastgeschenken zu diesem Ereignis sowohl die Jahreszahl 1919 als auch das Jahr 1924 eingraviert sind.

Festschrift zur 350jährigen Jubelfeier
Festschrift zur 350jährigen Jubelfeier
Gastgeschenk zur Jubelfeier, Fundort im Lager eines Antikhändlers in Werda
Gastgeschenk zur Jubelfeier, Fundort im
Lager eines Antikhändlers in Werda

Mit der Gründung der DDR und den durchgeführten Kommunalreformen waren Schützenvereine nicht mehr gewünscht. Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts lösten sich die meisten Schützenvereine auf - so wie die Luckauer Schützengilde - oder integrierten sich in andere Vereine.
Nach der Auflösung der alten Gilde ist die goldene Königskette zerlegt und unter Mitgliedern aufgeteilt worden. Einige Devotionalien wurden archiviert und sind heute wieder im Niederlausitzmuseum ausgestellt. Andere Gegenstände, Schrifttum und Ausstattungen des Schützenhauses wurden von Luckauer Bürgern dem jetzigen Verein überlassen.

Mit der Neugründung der Schützengilde im Jahr 1990 begannen insgesamt 11 Mitglieder aktiv den Schießsport zu betreiben.
In den darauffolgenden Jahren erfolgte auch wieder die Anknüpfung an alte Traditionen. Es wurden Schützenkönige ermittelt und im Rahmen des jährlichen Schützenfestes geehrt.
Der Verein gab sich eine Uniform und im Jahr 1994 wurde eine Vereinsfahne angeschafft. Im Jahr 2000 ist das bis dahin getragene Vereinswappen modernisiert und der Uniformfarbe angepasst worden.

Wappen
Wappen

Auch die alte Tradition, dass der Schützenkönig eine handgemalte Ehrenscheibe erhält, wurde im Jahr 2005 wiederbelebt. Neben zahlreichen anderen Motiven ist auch die Luckauer Nikolaikirche wieder auf einer Königsscheibe des neuen Vereines dargestellt.

Vogelkönigsscheibe 1934
Vogelkönigsscheibe 1934
Schützenkönigsscheibe 2009
Schützenkönigsscheibe 2009
Teddybär

Wie schon zu alten Zeiten, werden auch heute wieder eine Königskette und Orden für besondere Leistungen verliehen.

Aber auch neue Traditionen haben sich seit 1990 entwickelt. So ist beispielsweise das Vereinsmaskottchen - ein Teddybär in der Uniform der Luckauer Schützengilde - entstanden.

Standböller, die zu besonderen Anlässen gezündet werden, gehören heute ebenso zur Vereinstradition, wie die gemeinsamen Kahnfahrten mit Gastvereinen auf dem Luckauer Stadtgraben.

Ein besonderer Höhepunkt im Vereinsleben der neu gegründeten Luckauer Schützengilde 1990 e.V. war das Schützenfest 2000, das anlässlich der Landesgartenschau in Luckau organisiert und durchgeführt wurde.
Der Einladung zum Schützenfest am letzten Maiwochenende des Jahres 2000 folgten 52 Gastvereine, deren Fahnenträger sich nach einem großen Stadtumzug entlang der Marktplatzmauer aufreihten.

Schützenumzug

Bis zu diesem Zeitpunkt war es der bislang größte Schützenumzug im neuen Bundesland Brandenburg.

Im Jahr 2004 ergriffen die Vereinsmitglieder der Schützengilde Luckau 1990 e.V. die Chance, vom Landkreis Dahme-Spreewald das ehemalige GST-Ausbildungszentrum am Wittmannsdorfer Teich zu erwerben. Nach Abschluss aller Formalitäten begannen dann im Jahr 2008 die Umbauarbeiten zu einem Vereinshaus.
Damit hat sich die Luckauer Schützengilde nicht nur ein festes Domizil für das Vereinsleben geschaffen, sondern auch den Grundstein für den Ausbau einer Schießsporthalle gelegt.

Obwohl die Luckauer Schützengilde 1990 e.V. kein Rechtsnachfolger des alten Schützenvereines ist, besteht das Bestreben, neben dem betriebenen Schießsport auch alte Traditionen zu bewahren und in angemessener Weise umzusetzen.
Das 450jährige Bestehen der Schützengilde Luckau im Jahr 2019 ist deshalb für die Mitglieder des Vereines ein unbestrittenes und ehrenhaftes Jubiläum.

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